Diagnostik und Relevanz von Tumorzellen im
Knochenmark bei Kolon- und Mammakarzinom
Günter Schlimok, Augsburg
Trotz radikaler lokoregionärer Therapieverfahren und fehlendem
Nachweis einer hämatogenen Disseminierung mit konventionellen diagnostischen
Verfahren zum Zeitpunkt der Primaroperation entwickelt ein beträchtlicher
Anteil der Patienten mit epithelialen Tumoren im weiteren Verlauf Fernmetastasen.
Die Ursache hierfür ist eine, noch vor Primäroperation stattfindende,
hämatogene Streuung von Tumorzellen. Solange diese Zellen noch als
Einzelzellen oder in kleinsten Tumorzellverbänden vorliegen, sollte
die Bezeichnung ,,Mikrometastasen" vermieden werden und der Begriff ,,isolierte
disseminierte Tumorzellen (IDT)" vorgezogen werden. Das Knochenmark eignet
sich in besonderer Weise für den Nachweis dieser Zellen, da im Knochenmark
unter normalen Umständen keine epithelialen Zellen nachweisbar sind.
Methodische Aspekte [1]
Immunzytologie
Standardtechnik für den Nachweis von IDT im Knochenmark (IDT-KM)
ist die Immunzytologie unter Verwendung monoklonaler Antikörper und
der APAAP-Technik. Monoklonale Antikörper gegen Zytokeratin (CK),
das Zytoskelett epithelialer Zellen, erwiesen sich spezifischer als Antikörper
gegen Zellmembranantigene, wie das epitheliale Membranantigen (EMA), das
humane epitheliale Antigen (HEA) 125 oder das tumor-assoziierte Glykoprotein
(TAG) 72.
Polymerase-Kettenreaktion (PCR)
Eine zunehmende Zahl von Publikationen beschäftigt sich mit der
Anwendung der PCR-Technik zum Nachweis von IDT epithelialer Tumoren. Prinzipiell
muss hier unterschieden werden zwischen dem Nachweis von spezifischen Rearrangements,
Mutationen auf DNA-Ebene (p53, k-ras) und dem Nachweis von m-RNA tumorassoziierter
(CEA) bzw. gewebsspezifischer Marker (Zytokeratin) durch die ,,reverse
Transkriptase-PCR (RT-PCR)". Das Hauptproblem der RT-PCR sind zur Zeit
falsch positive Befunde, bedingt u. a. durch Amplifikation von Pseudogenen
oder durch illegitime Expression kleiner Mengen tumorassoziierter m-RNA
in Nicht-Tumorzellen.
Klinische Ergebnisse und prognostische Relevanz Mammakarzinom
Mit Hilfe monoklonaler Antikörper gegen Zytokeratin bzw. gegen
epitheliale Zellmembran-antigene konnten beim Mammkarzinom zum Zeitpunkt
der Primäroperation IDT-KM in 20 - 45 % nachgewiesen werden. Nachuntersuchungen
von Diel [21] zeigten, dass der Nachweis disseminierter Tumorzellen im
Knochenmark mit Hilfe des tumorassoziierten Glykoproteins 72 (TAG 72) einen
unabhängigen Risikofaktor für den Rückfall bei Patientinnen
mit Mammakarzinom darstellt (p<0,0005).
Mit dem polyklonalen EMA-Antikorper fanden Mansi et al. [31] bei knochenmarkpositiven
Patienten in der univariaten Analyse ein signifikant verkürztes rezidivfreies
Intervall und eine verkürzte Gesamtüberlebenszeit (p<0, 005).
Schlimok et al. [4] untersuchten die prognostische Bedeutung von Zytokeratin-positiven
Zellen im Knochenmark in einer prospektiven Follow up-Studie an 349 Patientinnen.
Nach einer medianen Beobachtungszeit von 35 Monaten konnte die prognostische
Relevanz bezüglich des Gesamtüberlebens sowohl in der univariaten
(p=0,02) als auch in der multivariaten Analyse (p=0,03) gezeigt werden.
Harbeck et al. [5] konnten diese Ergebnisse mit Hilfe eines Cocktails
aus monoklonalen Antikörpern gegen Zytokeratin, EMA und TAG 72 in
einer Studie an 100 Patientinnen bestätigen. Nach einer medianen Beobachtungszeit
von 34 Monaten zeigte sich, dass Knochenmarkpositivität in einer multivariaten
Analyse einen signifikanten Prognosefaktor für das rezidivfreie und
Gesamtüberleben darstellte.
Eine neuere Studie an 506 Mammakarzinom-Patientinnen konnte unter Verwendung
des Breit- and Zytokeratinantikörpers A45 -B/B 3 zeigen, dass der
Nachweis Zytokeratin-positiver Zellen zum Zeitpunkt der Primäroperation
mit einer signifikanten Verkürzung sowohl der rezidivfreien (p<0,0001)
als auch der Gesamtüberlebenszeit (p=0,0028) einhergeht (Braun et
al.).
Ob der Nachweis von IDT-KM auch einen therapierelevanten Prognosefaktor
darstellt, wird im Augenblick in einer prospektiven randomisierten adjuvanten
Therapiestudie an nodal-negativen, KM-positiven Patientinnen geprüft.
Kolorektales Karzinom
Bei knapp 30 % der Patienten mit lokalisiertem kolorektalem Karzinom
konnten zum Zeitpunkt der Primäroperation immunzytologisch IDT-KM
nachgewiesen werden [6]. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 35 Monaten
zeigten die Patienten mit IDT eine signifikant verkürzte rezidivfreie
Überlebenszeit (p=0,008). Mittels der multivariaten Analyse konnte
der immunzytologische Tumorzellnachweis als stärkster unabhängiger
Risikofaktor bestätigt werden.
Charakterisierung isoliert disseminierter Tumorzellen
Mit Hilfe von Doppelmarkierungen ist eine Charakterisierung von IDT-KM
möglich. Bezüglich der Expression proliferationsassoziierter
Antigene (Ki67, P 120) zeigte sich, dass nur bei einem kleinen Teil der
Patienten mit Mammakarzinom die IDT-KM derartige Marker aufwiesen [7].
Mit Hilfe einer Kombination von Immunzytologie und Fluoreszenz in-situ-Hybridisierung
(FISH) gelang bei Mammakarzinom-Patientinnen der direkte Nachweis einer
Amplifikation des erb B2-Gens in IDT-KM [8]. Die Gen-Amplifikation ist
mit der Überexpression des Onkoproteins p185 assoziiert. Bei 60 %
der Mammakarzinom-Patientinnen konnten wir p185 auf IDT-KM nachweisen [7].
Nach einer Beobachtungszeit von 64 Monaten korreliert der Nachweis p185-positiver
IDT-KM sowohl in der univariaten (p=0,032) als auch in der multivariaten
Analyse (p=0,034) mit einer signifikant verkürzten Gesamtüberlebenszeit.
Therapiemonitoring mit Hilfe von IDT-KM
Zur Eliminierung von IDT nach erfolgreicher Primaroperation wurden in
den vergangenen Jahren eine Reihe von adjuvanten Therapiestudien mit unterschiedlichem
Erfolg durchgeführt. Ein Surrogat-Marker, der frühzeitig den
therapeutischen Effekt von adjuvanten Therapieverfahren aufzeigt, wäre
deshalb von größter klinischer Bedeutung.
In einer ersten Therapiestudie bei Mammakarzinom-Patientinnen mit einem
monoklonalen Antikörper gegen das tumorassoziierte Lewis Y-Antigen
konnte gezeigt werden, dass ein Monitoring der Reduktion von IDT-KM unter
Therapie möglich erscheint [9]. Obwohl in einer weiteren Pilotstudie
an Mammakarzinom-Patientinnen eine Hochdosis-Chemotherapie, gefolgt von
einer autologen peripheren Stammzelltransplantation, zu einer deutlichen
Reduktion der IDT-KM führte waren nach Therapieende in einem hohen
Prozentsatz der Patientinnen noch IDT-KM nachweisbar. Diese konnten durch
eine anschließende Antikörpertherapie weiter reduziert werden
(Schlimok et al.). Die entscheidende Voraussetzung für ein effektives
Monitoring ist jedoch eine Optimierung und Standardisierung des Nachweisverfahrens.
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towards a noval surrogate test to monitor adjuvant therapies of solid
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Eur J Cancer 3 1:1799-1803
Internetadressen
Cancer Web
Japanese
Journal of Clinical Oncology
New Engl
J Med: Kolorektales Karzinom, verbessertes Staging
Prof. Dr. Günter Schlimok
II. Medizinische Klinik
Zentralklinikum
Stenglinstraße
86156 Augsburg
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