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Onkologisches Zentrum Westpfalz e.V.


Pfälzer Tage für Hämatologie und Onkologie 1999


DIAGNOSTIK UND THERAPIE DER CHRONISCHEN MYELOISCHEN LEUKÄMIE
Andreas Hochhaus, Mannheim

Die chronische myeloische Leukämie (CML) gehört zur Gruppe der chronischen myeloproliferativen Erkrankungen und ist charakterisiert durch eine exzessive Vermehrung von granulopoetischen Vorstufen im Blut und Knochenmark. Die CML war die erste Neoplasie, bei der eine klare Korrelation zu einer Veränderung auf chromosomaler Ebene, der Philadelphia-Translokation (Ph) gefunden wurde. In den letzten Jahren wurde durch die Entwicklung der Molekularbiologie und Zytogenetik ein tiefer Einblick in die molekulare Pathogenese von Tumorerkrankungen am Modell der CML möglich. Trotz guter therapeutischer Fortschritte kann weiterhin nur bei einem kleinen Teil der Patienten eine Heilung der Erkrankung erreicht werden. 

Zur Zeit einzige kurative Therapiemodalität bei CML ist die allogene Knochenmarktransplantation (KMT). Hauptproblem ist die KMT-bedingte Mortalität und Morbidität. Das Problem wird verschärft (i) durch die Beobachtung an mit Chemotherapie behandelter Patienten, daß die KMT-Resultate mit zunehmender Erkrankungsdauer ungünstiger werden, sowie (ii) durch die günstigen Überlebensdaten einer Gruppe von Niedrig-Risikopatienten unter Interferon (IFN) mit medianen Überlebenszeiten von 8-10 Jahren. Es stellt sich die Frage, ob man dieser Patientengruppe eine frühe Transplantation überhaupt empfehlen kann, oder zunächst mit IFN behandeln und eine KMT erst dann durchführen sollte, wenn das Ansprechen auf IFN unbefriedigend ist. Die Deutsche CML-Studiengruppe hat kürzlich anhand randomisierter Studien zeigen können, daß nicht die Dauer der IFN-Behandlung, sondern der Zeitpunkt des Absetzens von IFN vor KMT kritisch ist. Während Patienten, die IFN bis zur KMT erhalten haben, signifikant schlechtere Überlebensresultate zeigen, läßt sich bei Patienten, die IFN 3 Monate vor KMT abgesetzt haben, kein nachteiliger Effekt feststellen. Zur Quantifizierung der Frühmortalität nach KMT im Vergleich zur medikamentösen Therapie wurden in einer retrospektiven Analyse die Überlebensresultate IFN und Hydroxyurea (HU) behandelter Patienten der Studie I (IFN vs. HU vs. Busulfan) mit denen alters- und risikogematchter Patienten der International Bone Marrow Transplant Registry verglichen. In dieser Analyse wurde ein Überlebensvorteil für 
 KMT-Patienten nach 4 bis 5 Jahren beobachtet, bei Niedrig-Risikopatienten erst nach mehr als 7 Jahren. Die Entscheidung, ob man ein höheres Mortalitätsrisko zugunsten einer Heilung durch KMT einer IFN-Therapie ohne therapiebedingtes Mortalitätsrisiko, aber auch ohne Aussicht auf Heilung vorzieht, bleibt weiterhin Patienten und betreuenden Ärzten überlassen. Es wird deswegen z.Zt. erwogen, in einer weiteren Studie zu prüfen, ob sich die Langzeitüberlebensraten nicht durch eine längere IFN-Vortherapie mit einer Transplantation erst zu einem späteren Zeitpunkt verbessern lassen. 

Moderne experimentelle Therapiemöglichkeiten der CML stellen Inhibitoren der Signalübertragung, z.B. der Tyrosinkinaseinhibitor STI571, dar. Nach guten Ergebnissen der Phase-I-Studie bei IFN-resistenten Patienten wurde im August 1999 eine Phase-II-Studie an Patienten mit CML in fortgeschrittenem Stadium begonnen. 

Die molekularbiologische Diagnostik der CML zum Diagnosezeitpunkt und im Verlauf unter Therapie beruht heute auf differenzierten Techniken der Polymerasekettenreaktion (PCR). Zur Diagnosestellung wird eine Multiplex-PCR zum Nachweis aller bisher bekannten BCR-ABL-Transkriptvarianten und gleichzeitiger interner Kontrolle durch Amplifikation des normalen BCR-Allels durchgeführt. Im Verlauf unter IFN oder nach allogener KMT sind qualitative PCR-Untersuchungen nicht sinnvoll, da ihr prognostischer Wert sehr eingeschränkt ist. Eine große Bedeutung kommt hier quantitativen PCR-Untersuchungen zu. Alle kompletten zytogenetischen Responder unter IFN-Therapie sind RT-PCR-positiv, die Stabilität des kompletten Ansprechens hängt von der Quantität persistierender BCR-ABL-Transkripte ab. Bei Patienten nach allogener KMT läßt sich bei Nachweis persistierend hoher oder ansteigender BCR-ABL-Werte der optimale Zeitpunkt einer Spenderlymphozytengabe besser definieren. In den letzten Monaten wurde die Real-Time-PCR zum BCR-ABL-Nachweis als deutlich vereinfachte Methode evaluiert und in die klinische Routine eingeführt. Zur Verfügung stehen das LightCyclerTM-System und das TaqManTMSystem. Beide Formate sind zum verläßlichen und sensitiven Nachweis einer Resterkrankung geeignet und werden in der Zukunft die Standardmethoden zum Monitoring nicht nur der CML, sondern auch anderer Neoplasien mit spezifischen Markern sein. 

References 

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5. Hehlmann, R. und Hochhaus, A. (1998) Diagnostik und Therapie der CML. 
Onkologie, 4, 798-807. 

Internetadressen: 

Interferontherapie

Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge: Leukämien und myelodysplastische Syndrome

Johns Hopkins Oncology Center

Fred Hutchinson Cancer Research Center

Privatdozent Dr. Andreas Hochhaus 
III. Medizinische Universitätsklinik 
Klinikum Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim. 
 


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Letzte Änderung: 08.08.2000