DIAGNOSTIK UND THERAPIE DER CHRONISCHEN MYELOISCHEN
LEUKÄMIE
Andreas Hochhaus, Mannheim
Die chronische myeloische Leukämie (CML) gehört zur Gruppe
der chronischen myeloproliferativen Erkrankungen und ist charakterisiert
durch eine exzessive Vermehrung von granulopoetischen Vorstufen im Blut
und Knochenmark. Die CML war die erste Neoplasie, bei der eine klare Korrelation
zu einer Veränderung auf chromosomaler Ebene, der Philadelphia-Translokation
(Ph) gefunden wurde. In den letzten Jahren wurde durch die Entwicklung
der Molekularbiologie und Zytogenetik ein tiefer Einblick in die molekulare
Pathogenese von Tumorerkrankungen am Modell der CML möglich. Trotz
guter therapeutischer Fortschritte kann weiterhin nur bei einem kleinen
Teil der Patienten eine Heilung der Erkrankung erreicht werden.
Zur Zeit einzige kurative Therapiemodalität bei CML ist die allogene
Knochenmarktransplantation (KMT). Hauptproblem ist die KMT-bedingte Mortalität
und Morbidität. Das Problem wird verschärft (i) durch die Beobachtung
an mit Chemotherapie behandelter Patienten, daß die KMT-Resultate
mit zunehmender Erkrankungsdauer ungünstiger werden, sowie (ii) durch
die günstigen Überlebensdaten einer Gruppe von Niedrig-Risikopatienten
unter Interferon (IFN) mit medianen Überlebenszeiten von 8-10 Jahren.
Es stellt sich die Frage, ob man dieser Patientengruppe eine frühe
Transplantation überhaupt empfehlen kann, oder zunächst mit IFN
behandeln und eine KMT erst dann durchführen sollte, wenn das Ansprechen
auf IFN unbefriedigend ist. Die Deutsche CML-Studiengruppe hat kürzlich
anhand randomisierter Studien zeigen können, daß nicht die Dauer
der IFN-Behandlung, sondern der Zeitpunkt des Absetzens von IFN vor KMT
kritisch ist. Während Patienten, die IFN bis zur KMT erhalten haben,
signifikant schlechtere Überlebensresultate zeigen, läßt
sich bei Patienten, die IFN 3 Monate vor KMT abgesetzt haben, kein nachteiliger
Effekt feststellen. Zur Quantifizierung der Frühmortalität nach
KMT im Vergleich zur medikamentösen Therapie wurden in einer retrospektiven
Analyse die Überlebensresultate IFN und Hydroxyurea (HU) behandelter
Patienten der Studie I (IFN vs. HU vs. Busulfan) mit denen alters- und
risikogematchter Patienten der International Bone Marrow Transplant Registry
verglichen. In dieser Analyse wurde ein Überlebensvorteil für
KMT-Patienten nach 4 bis 5 Jahren beobachtet, bei Niedrig-Risikopatienten
erst nach mehr als 7 Jahren. Die Entscheidung, ob man ein höheres
Mortalitätsrisko zugunsten einer Heilung durch KMT einer IFN-Therapie
ohne therapiebedingtes Mortalitätsrisiko, aber auch ohne Aussicht
auf Heilung vorzieht, bleibt weiterhin Patienten und betreuenden Ärzten
überlassen. Es wird deswegen z.Zt. erwogen, in einer weiteren Studie
zu prüfen, ob sich die Langzeitüberlebensraten nicht durch eine
längere IFN-Vortherapie mit einer Transplantation erst zu einem späteren
Zeitpunkt verbessern lassen.
Moderne experimentelle Therapiemöglichkeiten der CML stellen Inhibitoren
der Signalübertragung, z.B. der Tyrosinkinaseinhibitor STI571, dar.
Nach guten Ergebnissen der Phase-I-Studie bei IFN-resistenten Patienten
wurde im August 1999 eine Phase-II-Studie an Patienten mit CML in fortgeschrittenem
Stadium begonnen.
Die molekularbiologische Diagnostik der CML zum Diagnosezeitpunkt und
im Verlauf unter Therapie beruht heute auf differenzierten Techniken der
Polymerasekettenreaktion (PCR). Zur Diagnosestellung wird eine Multiplex-PCR
zum Nachweis aller bisher bekannten BCR-ABL-Transkriptvarianten und gleichzeitiger
interner Kontrolle durch Amplifikation des normalen BCR-Allels durchgeführt.
Im Verlauf unter IFN oder nach allogener KMT sind qualitative PCR-Untersuchungen
nicht sinnvoll, da ihr prognostischer Wert sehr eingeschränkt ist.
Eine große Bedeutung kommt hier quantitativen PCR-Untersuchungen
zu. Alle kompletten zytogenetischen Responder unter IFN-Therapie sind RT-PCR-positiv,
die Stabilität des kompletten Ansprechens hängt von der Quantität
persistierender BCR-ABL-Transkripte ab. Bei Patienten nach allogener KMT
läßt sich bei Nachweis persistierend hoher oder ansteigender
BCR-ABL-Werte der optimale Zeitpunkt einer Spenderlymphozytengabe besser
definieren. In den letzten Monaten wurde die Real-Time-PCR zum BCR-ABL-Nachweis
als deutlich vereinfachte Methode evaluiert und in die klinische Routine
eingeführt. Zur Verfügung stehen das LightCyclerTM-System und
das TaqManTMSystem. Beide Formate sind zum verläßlichen und
sensitiven Nachweis einer Resterkrankung geeignet und werden in der Zukunft
die Standardmethoden zum Monitoring nicht nur der CML, sondern auch anderer
Neoplasien mit spezifischen Markern sein.
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Internetadressen:
Interferontherapie
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zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge: Leukämien und myelodysplastische
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Privatdozent Dr. Andreas Hochhaus
III. Medizinische Universitätsklinik
Klinikum Mannheim der Universität Heidelberg, Mannheim.
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